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Auf einmal stand alles wieder Kopf ...

Ich bin Viktoria, mitten im Studium, dabei mich und mein Leben neu zu ordnen. Dann kam mein Sohn Daniel auf die Welt und alles stand wieder Kopf, aber nun einmal von vorne.

Den Wunsch, Mutter eines gesunden Kindes zu werden, hatte ich schon lange gehegt. Aber erst nach dem Abschluss meines Studiums und nachdem ich Erfahrungen im Berufsleben sammeln konnte.

Allein und unerwartet hielt ich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand, meine Partnerschaft war zu dem Zeitpunkt bereits zerbrochen. Das alleine sollte jedoch nicht die einzige Veränderung in meinem Leben sein.

Am Ende der 20. SSW erfuhr ich, dass mein Kind nicht gesund zur Welt kommen würde. Eine konkrete Aussage oder einen Verdacht, um welche Störungen es sich handelt, konnte jedoch nicht getroffen werden, daher sollten noch weitere Untersuchungen stattfinden. Ich machte mir Gedanken über einen Schwangerschaftsabbruch, jedoch brauchte ich hierfür Klarheit, die mir zu diesem Zeitpunkt niemand geben konnte. Meine Welt stand Kopf, völlig ungewiss was mir und meinem Kind da passierte, ich konnte es kaum fassen.

Bereits drei Wochen später kam es zu Komplikationen und ich wurde stationär eingewiesen. Alleine und ohne einen direkten Kontakt zur Außenwelt saß ich mit meinen Sorgen um unser beider Leben in meinem Krankenbett. In der 28. SSW wurde dann Daniel geboren.

Meine Gedanken kreisten um mein Kind, viele Untersuchungen wurden durchgeführt. Schnell wurde mir der Verdacht des Joubert Syndroms mitgeteilt. Ein mehr an Information oder Aufklärung habe ich nicht erhalten. Ich konnte das für mich kaum fassen, da die Symptome sehr diffus waren und Daniel eben auch 12 Wochen zu früh geboren wurde. Nach der Geburt teilte man mir mit, dass ich mein Kind annehmen müsse. Die Entscheidung über Daniels Leben und seine Möglichkeiten lägen jetzt nicht mehr in meinen Händen. Daniel selbst würde den Weg zeigen. Da war sie dann wieder, die Traurigkeit über den Verlust meines gesunden Kindes. Daniel entwickelte sich nicht wie ein gesundes Kind, aber was konnte ich denn von ihm erwarten? Dies blieb mir weiter im Unklaren.

Jeden Tag durfte ich meinen Sohn für nur 6 Stunden besuchen. Für mich war dies eine sehr schwere Zeit. Sehr froh darüber, Daniel bei mir zu haben und zu wissen, dass dieser kleine Mensch mich braucht und dennoch wollte ich ein gesundes Kind. Zwischen der Trauer um meinen Wunsch nach einem gesunden Kind und meinem Sohn Daniel war ich zerrissen. Die Frage nach dem „Warum?“ stellte sich mir immer wieder.

Der Tag, an dem wir nach Hause sollten, rückte näher. Mit der ganzen Technik, die Daniel benötigt. Ich habe mein Kind in der Klinik immer nur 6 Stunden jeden Tag erlebt, daher konnte ich mir nicht vorstellen, mit Daniel alleine nach Hause zu gehen. Aus diesem Grund wurden wir ins Haus Atemzeit verlegt. In meinen Überlegungen gab ich mir vier Wochen Zeit, um alles Notwendige zu erlernen.

Innerhalb der ersten Wochen im Haus Atemzeit wurde mir das erste Mal bewusst, welche intensive Betreuung für Daniel notwendig ist. Nichts lief wie geplant, das Ausmaß seiner Einschränkungen und Defizite nahm ich erst allmählich wahr. Das Gefühl, ich stände im Dunst einer Nebelwolke: Manche Dinge konnte ich gar nicht klar wahrnehmen und auch nicht adäquat reagieren, um Daniel weiter helfen zu können. Völlig überfordert, fast bewegungsunfähig, ohne einen klaren Plan für die Zukunft machen zu können, strichen die Wochen einfach so dahin.

Mein Wunsch war, selbstständig mit Daniel zu Hause leben zu können, davon war ich auf einmal weit entfernt. In meiner Trauer konnte ich einiges einfach nicht umsetzen. Im Nachhinein ist mir durchaus bewusst, dass ich mich vor meiner Verantwortung in manchen Situationen gedrückt habe.

Eines Tages war ich dann aber an dem Punkt: Ich konnte mein Kind vollends akzeptieren und mir wurde klar, dass alles in meiner Hand lag und ich bereit dazu war, die Verantwortung für uns zu übernehmen. Auf dem Weg dahin hatten Daniel und ich unsere Höhen und Tiefen. Heute 4 1/2 Monate später bin ich auf einem sehr guten Weg nach Hause.

Für die Zeit im Haus Atemzeit bin ich sehr dankbar. Ich hatte die Zeit und genügend Raum, um an mir arbeiten zu können. Zwar sind viele Dinge, welche die Entwicklung von Daniel angehen und welche Möglichkeiten er überhaupt haben wird, immer noch unklar. Dennoch habe ich gelernt, damit umzugehen und bin viel ruhiger. Durch mein verändertes Verhalten nehme ich Daniel anders wahr, wodurch er auch entspannter ist und deutlich mehr Reaktionen zeigen kann.

Egal was auf mich und Daniel zukam, im Haus Atemzeit war immer jemand für uns da. Ob es medizinische, pflegerische oder pädagogische Anliegen waren oder ich Unterstützung bei formellen Anträgen brauchte, ich konnte immer auf die Mitarbeiter zählen. Daniel fühlt sich hier sehr wohl und ist immer sicher umsorgt.

Für ein Leben zu Hause bin ich jetzt bereit. Ich fühle mich sicher und bin gestärkt. Dabei haben mir auch die anderen Kinder und Eltern im Haus Atemzeit geholfen. Ich konnte sehen, dass es auch mit einem intensivpflegebedürftigen und mehrfach behinderten Kind immer Möglichkeiten und Chancen gibt. Alles Notwendige, um Daniel zu helfen und ihn auch zu fördern, habe ich gelernt. Behutsam und im regen Austausch miteinander gab es immer Ideen und Möglichkeiten für uns beide. So freue ich mich alleine, ohne Pflegedienst, Daniel sein echtes zu Hause zeigen zu können.