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ALS ICH DARIO DAS ERSTE MAL SAH, BRACH MEINE WELT ZUSAMMEN

Elf Monate lang hat Atemzeit e.V., Dario und seine Familie eng begleitet und gemeinsam viel erlebt. Mit unglaublicher Energie, Willenskraft und der nötigen Unterstützung hat Dario allen seinen Weg ins Leben gezeigt:

Ich bin Jacqueline, Mutter von Dario. Im November 2021 wurde Dario mit einem großen Tumor geboren. Er nahm ihm die Luft zum  Atmen.

Es war der 10.11.2021, als mir in der 33. Schwangerschaftswoche abends die Fruchtblase platzte. Ich war sehr aufgeregt, denn es war noch viel zu früh für meine Zwillinge. Mein Mann brachte unsere Tochter zur Oma und fuhr zu mir ins Krankenhaus. Dort wurde uns signalisiert, dass alles in Ordnung sei. Mit einer Spritze für die Lungenreifung und einem wehenhemmenden Medikament ging ich schlafen. Am nächsten Morgen war ich lange am CTG, einige Zeit später untersuchte mich die Ärztin. Völlig überrascht überschlugen sich die Ereignisse. Ich hatte nichts gemerkt und doch musste jetzt alles ganz schnell gehen. Die Hand meines Kindes schaute heraus. Ehe ich mich versah, war ich auf dem Weg zur Notsectio: Ich geriet in Panik, Tränen schossen mir in die Augen. Alles ging so schnell, so viele Menschen waren auf einmal da und doch fühlte ich mich so allein und verlassen. Der Versuch einer Spinalanästhesie scheiterte, die Ärztin schrie: „Das dauert zu lange“ und so bekam ich eine Vollnarkose. Nach dem Aufwachen kam eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Meine Zwillinge lagen auf der Intensivstation, eine Ärztin sagte mir, mit einem sei etwas nicht in Ordnung. Mein Mann war noch nicht informiert, aber nach meinem Anruf kam er sofort. Auch er berichtete mir: „Dario hat etwas am Hals“, ich konnte mir nichts darunter vorstellen, was war es? Ein Fleck? Am nächsten Tag kam der Professor, er sagte, es sei ein Tumor und man könne noch nichts Genaues sagen, es sei sehr selten.

Als ich Dario das erste Mal sah, brach meine Welt zusammen, ich konnte nur noch weinen und hoffen. Ein riesiger, nach außen gewölbter Tumor wucherte an seinem Hals; Kopf und Brustkorb bildeten fast eine Einheit. Mateo ging es zum Glück sehr gut, er wurde schon am Tag nach der Geburt verlegt, er musste nur noch etwas wachsen und an Gewicht zulegen. So teilte ich mich jeden Tag auf und auch meine große Tochter, brauchte mit 2 Jahren ihre Mama.

5 Monate lag Dario auf der Intensivstation. Der Tumor konnte entfernt werden, es gab gute und schlechte Tage, ein Auf und Ab der Gefühle, zwischen Bangen und Hoffen. Der Tag der Entlassung rückte näher, ein Pflegedienst sollte die Betreuung zu Hause übernehmen. Denn Dario behielt ein Handicap, das Tracheostoma: Es sicherte seinen Atemweg. 6 Tage war Dario zu Hause, dann kam der Notarzt, weil die Kanüle nicht mehr richtig saß und es kaum möglich war, sie wieder zu positionieren. Ich sah wie mein Kind um sein Leben rang und um Luft kämpfte. Wieder Angst und Panik, wieder Intensivstation. Diese Hilflosigkeit machte mich wütend und verängstigt. So konnte Dario nicht wieder nach Hause!

Wir brauchten eine andere Lösung für Dario, mit zwei kleinen Kindern und Darios Handicap konnte ich nicht für alle gleichzeitig da sein, nicht so wie es sein sollte und ich hatte Angst um mein Kind. Angst nicht richtig handeln zu können oder von seinen Geschwistern abgelenkt zu werden und etwas zu verpassen. Angst, die Kanüle nicht schnell genug zu legen und Angst, die Kanüle überhaupt zu legen. Ich hörte zwar, wenn er nicht richtig atmete, aber ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte. Alles was in den ersten Lebensmonaten passiert war, war noch so lebendig in mir und es lähmte mich.

In der Klinik hörten wir vom Haus Atemzeit e.V. gehört. Nach dem ersten Besuch war klar: da gehen wir hin! Auch wenn am Anfang die Angst und Sorge um Dario immer da war, fühlten wir uns sofort wohl und Dario auch. Im Haus Atemzeit e.V. entspannte er sich. Seine Atmung wurde besser und auch die Wunde an seinem Tracheostoma heilte. Wir erlebten, wie gut er dort aufgehoben war, wie sicher und selbstverständlich die Mitarbeiter mit der Trachealkanüle umgingen. Dario wurde in allen Belangen gefördert und die notwendigen Therapien wurden durchgeführt.  Und als Eltern hatte immer jemand ein offenes Ohr für uns, egal zu welcher Zeit. Dario entwickelte sich so gut, ich dachte die Kanüle könnte bald entfernt werden, alles andere wollte ich nicht hören. Bis zur Nachuntersuchung in Stuttgart. Dort stellte sich heraus, dass Dario noch einen langen Weg vor sich hat! Denn nach der Tumorentfernung müssen seine Luftröhre und sein Kehlkopf in einigen Jahren operativ korrigiert werden. Dafür muss Dario viel größer und älter werden. Ein Schock, was da auf uns zukommt, und die Gewissheit: Das Tracheostoma wird uns noch viele Jahre begleiten.

Ich brauchte Zeit für mich, um diese Nachricht zu verarbeiten. Erst nach einigen Monaten konnte ich meine Ängste überwinden. Ich lernte die Pflege des Tracheostomas und alles rund um die Atmung, alles wurde mir verständlich erklärt. Trotzdem hatte ich Angst, die volle Verantwortung für Dario zu übernehmen. Bei Atemzeit e.V. war immer jemand für mich da! Wann immer ich einen Rat oder eine helfende Hand brauchte, war immer jemand da. Um sicher und alleine mit Dario zu Hause zu sein, habe  ich angefangen, mit ihm alleine und später auch mit der Familie Ausflüge zu machen. Auch hier konnte ich mich jederzeit melden, mir wurde geholfen und Mut gemacht. Mut mich zu trauen, das war eine ganz neue Erfahrung für mich. Mut mich zu öffnen und auch ganz selbstverständlich angenommen zu werden. So hat mir Atemzeit e.V. auch geholfen, meinen Weg mit dem Schicksal meines Kindes zu finden.

Fast ein Jahr war Dario in Atemzeit e.V., mit einem Jahr hatte er fast den gleichen Entwicklungsstand wie sein Bruder Mateo. Als er mit ca. 6 Monaten nach Wölfersheim ins Haus Atemzeit kam, konnte er sich kaum bewegen. Er war steif und sehr eingeschränkt in seinen Fähigkeiten – durch tägliches Training und ein Leben wie im “echten” zu Hause konnte Dario alles aufholen. Auch haben die Mitarbeiter begonnen, mit ihm in Gebärdensprache zu kommunizieren.

Seit einigen Monaten sind wir nun mit Dario zu Hause und auch hier zeigt sich, wie gravierend die anatomischen Veränderungen bei Dario sind. Nichts ist „normal“ und Dario musste noch einmal ins Krankenhaus, weil es anatomische Probleme mit der Trachealkanüle gab. Zum Glück ist für uns alles gut ausgegangen und Dario hat sich nach einer erneuten Operation schnell stabilisiert.

In Atemzeit e.V. habe ich gelernt mit meinen Ängsten um Dario umzugehen und mich ihnen zu stellen. Für jeden Tag, an dem es meiner Familie gut geht und mich das Lachen meiner Kinder begleitet, bin ich dankbar und stolz auf meine Kinder.